Eine Million Briefkästen für Österreich
Die Renz-Mitarbeiter haben schon etliche Sonderschichten in vielen Bereichen hinter sich. Und „die Arbeit fängt nun erst richtig an“, kündigte der geschäftsführende Gesellschafter Armin Renz gestern bei einem Grillfest für die rund 300 Mitarbeiter am Kirchberger Standort an. Es galt, den größten Auftrag in der Firmengeschichte zu feiern, für den die Erwin Renz Metallwarenfabrik GmbH&Co KG bei der europaweiten Ausschreibung im Mai den Zuschlag bekam. Von August an liefert der Briefkasten-Hersteller bis zum Ende der Umrüstaktion in anderthalb Jahren eine Million Briefkastenanlagen an die österreichische Post. Österreich muss seine Hausbrieffachanlagen und Landabgabekästen, so die Bezeichnung für private und öffentliche Briefkästen beim deutschen Nachbarn, bis 2012 umrüsten. Grund ist ein Urteil der europäischen Kommission im Jahr 2003, wonach das Postmonopol fallen soll. In Österreich stand man daraufhin vor einem Problem. Denn Zugang zu den Briefkastenanlagen hatten nur die Zusteller der Post über Zentralschlüssel zum jeweiligen Kasten. Ein Einwurfschlitz war nicht vorhanden. Sprich: Weder ein Nachbar konnte dem anderen Nachbarn mal eben einen Zettel in den Briefkasten werfen, noch konnten Briefträger von anderen Zustellfirmen ihre Sendungen abgeben. Also begann 2004 die erste Aktion, die nicht EU-konformen Briefkästen auszutauschen. Sie wurde unterbrochen, weil ein Immobilieneigentümer beim Verfassungsgericht Klage dagegen einreichte, dass er für das Umrüsten selbst zahlen soll. Das Gericht entschied, dass die Post künftig für die Beschaffung der neuen Briefkästen und deren Austausch aufkommen muss. Die Kosten dafür betragen rund 40 Millionen Euro, nannte Andreas Grüneis, Geschäftsführer der PS Postservicegesellschaft gestern eine Hausnummer. „Es ist ein europaweit einzigartiges Projekt, das in Österreich umzusetzen ist.“ Die Postservicegesellschaft ist eine 100-prozentige Tochter der österreichischen Post und für die Koordination des gesamten Umtauschs zuständig. Nach Angaben von Grüneis gibt es österreichweit rund 2,1 Millionen Hausbrieffachanlagen, die nicht EU-konform sind. Rund die Hälfte davon wurde bereits umgerüstet. Bei der Ausschreibung hätten sie sehr viele Angebote gehabt, so Grüneis. „Wir wollten kein Produkt aus Übersee haben“, sagte der PS-Geschäftsführer. Nachdem die österreichische Post die Briefkästen verschenken muss, musste der Preis extrem günstig sein, ergänzte Armin Renz. Es habe harte, aber faire Verhandlungen gegeben. Zunächst hätte Renz preislich nicht mithalten können mit in China produzierten Kästen. Um preislich wettbewerbsfähig zu werden, entschied man sich, diverse Arbeiten – das Schweißen zum Beispiel – im Werk im polnischen Posen erledigen zu lassen. Die Produktionsstätten dort stammen vom ehemaligen Renz-Mitbewerber Mefa, dessen Aktienmehrheit die Kirchberger im Jahr 2010 übernommen haben. „Ohne den Standort in Polen hätten wir den Auftrag nicht bekommen“, verdeutlichte Renz die Bedeutung der Mefa-Übernahme für das Unternehmen.